Geistliche Lieder 111–120

Textgrundlage: Kleine Sammlung Geistlicher Lieder. Der Taschen-Ausgabe 5. Auflage. Elberfeld (R. Brockhaus) 1927.

Quelle für die Angaben zu Dichtern und Komponisten: Glaubenslieder. Neue Ausgabe. 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Wuppertal/Zürich/Bielefeld (R. Brockhaus / CLV) 1998.


Lied 111

Mein Leben ist ein Pilgrimstand;
Ich reise nach dem Vaterland,
Zu Dir, zu meinem Jesus droben.
Du machtest mir die Stätt’ bereit,
Wo ich, nach allem Kampf und Leid,
Stets ruhen soll und Dich, Herr, loben.
Mein Leben ist ein Pilgrimstand,
Ich reise nach dem Vaterland.

Durch Deinen Geist, o Herr, mich leit’,
Gib mir im Kampf Beständigkeit,
Vor Straucheln meinen Fuß beschütze.
Ich kann ja nichts hier ohne Dich,
Drum stärke und bewahre mich,
Sei mir ein Schirm in Trübsalshitze.
Laß Deinen süßen Gnadenschein
Mich auf dem öden Pfad erfreun.

Bin ich in diesem fremden Land
Der blinden Welt auch unbekannt,
O Trost! Du bist es, der mich kennet.
Ich eil’ zu Dir, um mit der Schar
Der Heil’gen Dich dort immerdar
Zu preisen – dort, wo nichts uns trennet.
Mein Jesus, komm, o bleib’ nicht lang!
In dieser Fremde ist mir bang.

(nach Friedrich Adolf Lampe 1683–1729 · Melodie Genf 1562)


Lied 112

Wir danken, treuer Heiland, Dir,
Daß Du uns nicht gelassen
Als unversorgte Waisen hier,
Auf unbekannten Straßen.
Bei fremdem Volk, in fremdem Land,
Wo alle Wege ungebahnt,
Da sehn wir Deine Tritte.
Wir stehen nie verlassen da,
Du bist uns allenthalben nah,
Du lebst in unsrer Mitte.

Du bist bei uns mit Deinem Geist,
O sel’ge, heil’ge Nähe!
Der so lebendig sich erweist,
Als ob Dich selbst man sähe.
Bist unser Licht im dunklen Tal,
Erquickst durch Deiner Liebe Strahl,
Bist Seelen-Trank und -Speise.
Stehst uns mit Rat und Tat zur Seit’
Und gibst uns selber das Geleit
Auf unsrer Pilgerreise.

Drum danken wir, o Heiland, Dir
Für Deine Lieb’ und Treue.
O daß doch jedes Herz schon hier
Sich Deinem Lob stets weihe!
Das ist ja unsre Seligkeit,
Ist süßer Trost in allem Leid,
So lange wir hier wallen.
Und wenn wir dort Dein Antlitz sehn
Und völlig Deine Lieb’ verstehn,
Wird ew’ges Lob erschallen.

(Str. 1 und 2 Philipp Spitta 1801–1859, Str. 3 wahrscheinlich Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von unbekanntem Komponisten)


Lied 113

Lieblich ist’s, bei Dir zu wohnen,
Herr, in Deines Vaters Haus,
Wohin Du, im Glanz zu thronen,
Einst den Deinen gingst voraus.
Da, da sehen wir Dich wieder,
Erstgeborner vieler Brüder.
Welche Freude wird das sein!

Unsrer Seelen tiefstes Sehnen
Geht zum Vaterhaus hinauf,
Wo die Leiden und die Tränen
Und die Klagen hören auf.
Was kein Aug’, kein Ohr vernommen,
In kein Menschenherz gekommen,
Wird den Deinen dort zuteil.

Wie der Vogel fern vom Neste,
Wandeln auf der Erde wir,
Doch die Wohnung ist uns feste,
Denn Dein Geist bürgt uns dafür,
Gräbt uns Brunnen in der Wüste,
Zeigt uns schon von fern die Küste,
Wo wir landen einst bei Dir.

Bald, Herr, kommst Du uns entgegen,
Führst uns in die Heimat ein,
Wo wir ruhn von harten Wegen,
Ungetrübt uns ewig freun,
Ewig Deiner Liebe singen,
Preis, Anbetung, Dank Dir bringen,
Ewig jauchzen Dir zur Ehr’.

(Wilhelm Brockhaus 1819–1888 · Melodie von Wilhelm Brockhaus)


Lied 114

Guter Hirte! welch Erbarmen,
Welche Liebe wohnt in Dir!
Gabst Dein Leben für die armen
Schäflein, die verirret hier.
Aus der Wüste Nacht und Grauen,
Von des Elends breiter Bahn,
Trägst Du uns zu sel’gem Schauen
Auf den Achseln himmelan.

Daß uns Heil und Rettung werde,
Wurdest Du die Gnadentür.
Rufst mit Namen Deine Herde,
Gehst voran, sie folget Dir.
Nie, weil Du Dich hingegeben,
Werden sie verloren gehn,
Weil Du selbst bist unser Leben,
Werden ewig wir bestehn.

Keine Macht auf dieser Erde
Raubt uns Deine Liebe jetzt.
Sichtet Satan auch die Herde,
Nichts ist da, was uns verletzt.
Keine Macht kann Deinen Händen,
Keine Macht des Vaters Hand
Uns entreißen, uns entwenden,
Ew’ge Gnade knüpft das Band.

(Wilhelm Brockhaus 1819–1888 · Melodie von Wilhelm Brockhaus)


Lied 115

Welche Liebe! Jesus betet.
Glaubend schauen wir empor.
Seine Mittlerstimme redet
Für uns zu des Vaters Ohr.
In den Himmel eingegangen,
Siegreich, voller Herrlichkeit,
Bleibt Sein Herz doch voll Verlangen,
Uns zu segnen allezeit.

Und Er betet ohn’ Ermüden
Auch für unsre Seelen jetzt.
Sein Gebet bewahrt den Frieden,
Der wie Tau das Herz benetzt.
Mag der Feinde Schar auch toben,
Satan selbst uns klagen an,
Jesu Hände sind gehoben,
Wer ist, der uns schaden kann?

Ja, Du betest für die Deinen.
Welch Vertrauen gibt uns dies!
Was uns bitter mag erscheinen,
Wird durch dies Bewußtsein süß.
Jeden Schmerz hilfst Du uns tragen,
Jedes Leid kannst Du verstehn,
Und Du willst in allen Lagen
Stets zum Vater für uns flehn.

(nach Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von Johann Jakob Walder 1750–1817)


Lied 116

Nicht mehr lange – sel’ge Worte!
Du, o Jesu, kehrest bald zurück,
Führst uns heim aus fremdem Orte
In das Vaterhaus zu ew’gem Glück.
Kampf und Leiden sind das Teil der Deinen
Hier in dieser kurzen Pilgrimszeit.
Alles endet, wenn Du wirst vereinen
Uns mit Dir in Deiner Herrlichkeit.

Nicht mehr lange, dann erkennen
Wir, o Herr, wie Du uns hast erkannt.
Unser Herz wird völlig brennen
In der Liebe, die uns hier schon band.
Ruhm und Preis und Dank und Lobgesänge
Werden ewiglich nicht schweigen mehr,
Und der Heil’gen Harfen süße Klänge
Tönen stets zu Deines Namens Ehr’.

Nicht mehr lange! Lehr’ uns wachen!
Morgenröte zeigt sich schon von fern.
Bald wird landen unser Nachen,
Der uns trägt zu Dir, dem guten Herrn.
Lehr’ uns wachen, kämpfen ohn’ Ermüden,
Immer näher bringt uns jeder Tag.
Lehr’ uns wandeln völlig abgeschieden,
Unserm Kampf folgt sel’ge Ruhe nach.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 117

Von Deiner Gnade will ich singen,
Die mich erfüllt mit sel’ger Ruh’,
Anbetung Deiner Liebe bringen.
Wer liebt, o Gott, wer liebt wie Du!
Die Gnade führt von bösen Wegen
Den Sünder, den verlornen, aus,
Die Liebe eilt ihm froh entgegen,
Als käm’ der einz’ge Sohn nach Haus.

Nur Gnade ist’s, die mir begegnet,
So lang ich hier in Schwachheit bin.
Der Liebe Fülle dort mich segnet,
Komm’ ich zur ew’gen Heimat hin.
Mag auch hienieden alles wanken,
Mag alles hier auch enden sich:
Die Gnade kennet keine Schranken,
Und Liebe bleibet ewiglich.

Wie kommt’s, daß ich hier sicher walle?
Weil Deine Gnad’, o Gott, mich schützt.
Wie kommt’s, daß ich im Kampf nicht falle?
Weil Deine Lieb’ mich schirmt und stützt.
Ja, Gnade ist’s, die stets mich leitet,
Und Liebe, die mich führet heim.
Schon ist die Wohnstätt’ dort bereitet,
Bald zieh’ ich jubelnd zu Dir ein.

(Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 118

Süßer Trost! der Herr wird kommen
Eilend mit Posaunenschall.
Morgenrot, bereits erglommen,
Mehrt das Sehnen überall.
Geist und Braut, sie rufen, flehen:
Komm, o Jesu, Bräutigam!
Laß uns bald zur Heimat gehen,
Dich zu schauen, Gotteslamm.

Engel brachten einst die Kunde,
Was in Davids Stadt geschah,
Hirten lauschten – sel’ge Stunde!
In der Flur von Ephrata.
Ja, Du kamst, trugst unsre Sünden,
Littest für uns Hohn und Schmach,
Mußtest selbst den Tod hier finden,
Eh’ die Kette Satans brach.

Doch Du lebst und kehrst zurücke,
Führst die Braut zur Hochzeit ein,
Und den Feind, voll List und Tücke,
Schließt der finstre Abgrund ein.
Ja, Du kommst, Du wirst erscheinen,
Sinkst nicht mehr in Tod und Grab,
Wirst dann teilen mit den Deinen
Himmelsglanz und Herrscherstab.

Welch ein Glück, mit Dir zu leben
Dort in Deiner Herrlichkeit,
Deinen Thron stets zu umgeben,
Fern von Kummer, Angst und Leid!
Dort im Vaterhaus zu wohnen,
Mit Dir, der so hoch beglückt,
Dort an Deiner Seit’ zu thronen,
Ganz des Feindes Macht entrückt!

(Wilhelm Brockhaus 1819–1888 · Melodie von Wilhelm Brockhaus)


Lied 119

Harre, meine Seele, harre des Herrn!
Alles Ihm befehle, hilft Er doch so gern.
Sei unverzagt!
Bald der Morgen tagt,
Und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach.
In allen Stürmen, in aller Not,
Wird Er dich beschirmen, der treue Gott!

Harre, meine Seele, harre des Herrn!
Alles Ihm befehle, hilft Er doch so gern.
Wenn alles bricht,
Gott verläßt uns nicht,
Größer als der Helfer ist die Not ja nicht.
Ewige Treue! Retter in Not!
Unser Herz erfreue, Du treuer Gott!

Harre, meine Seele, harre des Herrn!
Alles Ihm befehle, hilft Er doch so gern.
Bald höret auf
Unser Pilgerlauf,
Und die Klagen schweigen, nimmt uns Jesus auf.
Nach allem Leiden, nach aller Not
Folgen ew’ge Freuden, Du treuer Gott!

(Str. 1 und 2 Johann Friedrich Räder 1815–1872, Str. 3 wahrscheinlich Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von César Malan 1787–1864)


Lied 120

Amen, Amen! Jesu, eile,
Still’ das Sehnen Deiner Braut.
Mächtiglich die Wolken teile,
Daß Dich unser Auge schaut!
Steige auf am Horizonte,
Morgenstern, durchbrich die Nacht!
O daß Deine Braut schon thronte
Dort mit Dir in Himmelspracht!

Amen, Amen! Brich Dein Schweigen,
Laß uns nicht getrennt mehr gehn,
Laß uns bald in sel’gen Reigen
Dort um Dich versammelt stehn.
Komm, Herr Jesu, komm behende,
Zeig’ uns Deiner Liebe Macht!
Amen, Amen! O vollende,
Was Dein kostbar Blut gebracht!

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von unbekanntem Komponisten)

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