Geistliche Lieder 91–100

Textgrundlage: Kleine Sammlung Geistlicher Lieder. Der Taschen-Ausgabe 5. Auflage. Elberfeld (R. Brockhaus) 1927.

Quelle für die Angaben zu Dichtern und Komponisten: Glaubenslieder. Neue Ausgabe. 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Wuppertal/Zürich/Bielefeld (R. Brockhaus / CLV) 1998.


Lied 91

Wo ist unsre Sünd’ geblieben?
Christus starb an unsrer Statt.
Unsern Freibrief, längst geschrieben,
Christi Blut versiegelt hat.
Ganz gereinigt, Ihm vereinigt,
Der zur Rechten Gottes ist,
Der den Weg zum Heiligtum
Uns geweiht zu Seinem Ruhm.

Kann der Kläger noch bestehen,
Da zur Rechten Gottes jetzt
Er des Menschen Sohn muß sehen,
Auf den Thron von Gott gesetzt?
Alle Klagen, abgeschlagen,
Sind dort außer Kraft gesetzt,
Vor dem Lamm auf Gottes Thron
Geht der Kläger stumm davon.

Er wird auch in Gnaden leiten
Seine teu’r erkaufte Schar.
Ja, an Seiner Hand wir schreiten,
Ohne Zagen und Gefahr,
Durch die Fremde, bis ans Ende,
Seiner heil’gen Wohnung zu,
Wo das Herz nichts mehr begehrt,
Jeder Mund Ihn preist und ehrt.

(Wilhelm Brockhaus 1819–1888 · Melodie von Andreas Stoll vor 1882)


Lied 92

O Gottes Lamm,
Für Sünder hingeschlachtet!
Die Erde, die Du schufst, ach! sie trug Dein Kreuz.
Wer führte Dich herab,
In Armut, Elend, Tod und Grab?
Wir, Herr, die Dir gegeben
Dein Gott, mit Dir zu leben,
Mit Dir zu thronen ewiglich.
O Herr, wir preisen Dich!

O Gottes Lamm,
Du Quelle aller Freuden,
Bist unser, wir sind Dein, jetzt und ewiglich.
Hast teuer uns erkauft
Und uns mit Deinem Geist getauft.
Die Liebe zog Dich nieder,
Sie zieht zu Dir uns wieder.
Was wär’ der Himmel ohne Dich,
Und alle Herrlichkeit?

Komm, Jesu, komm!
Wir sehnen uns, zu schauen
Dein Antlitz, teurer Herr, der uns Gott erkauft,
Und der, des Vaters Bild,
Sein Herz und Seinen Himmel füllt.
Wir seufzen Dir entgegen
Auf fremden Erdenwegen,
Bis unser Lob Dir voll ertönt,
O Lamm, das uns versöhnt!

(Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von unbekanntem Komponisten)


Lied 93

Sollt’ ich Dir, o Gott, nicht singen,
Sollt’ ich Dir nicht dankbar sein?
Kann ich doch in allen Dingen
Deiner Liebe mich erfreun!
Liebe ist es, nichts als Liebe,
Was Dein treues Herz bewegt,
Liebe, die mich pflegt und trägt
In dem Dienst, den ich hier übe.
Unergründlich für und für
Bleibet Deine Liebe mir.

Für mich ehemals Verlornen,
Der ich tot in Sünden war,
Gabst Du Deinen Eingebornen,
Gabst Du Jesum Christum dar.
Wer kann, was Du tust, ergründen,
Auf der ganzen Erde wer?
Wer aus Deiner Engel Heer
Kann es, wie Du liebst, empfinden?
Unergründlich für und für
Bleibet Deine Liebe mir.

Deine Füll’ an Lieb’ und Gnade
Mißt kein menschlich Denken aus.
Auf dem ganzen Pilgerpfade
Gehst Du segnend mir voraus.
Wollest mir auch dieses schenken:
Dir mein ganzes Herz zu weihn,
Deiner Liebe mich zu freun,
Deines Ruhmes zu gedenken,
Bis ich Dich nach dieser Zeit
Lieb’ und lob’ in Ewigkeit.

(Str. 1 und 2 nach Paul Gerhardt 1607–1676, Str. 3 unbekannt · Melodie von Johann Schop 1590–1665)


Lied 94

Lob, Ehre, Preis und Dank sei Dir,
O Jesu, unser Leben!
Preiswürdig bist Du für und für,
Wer kann Dich g’nug erheben!
Du bist des Allerhöchsten Sohn
Und bist auf Deines Vaters Thron
Mit Ehr’ und Ruhm gekrönet.
Durch Dich ist jede Kreatur,
Für Dich sind alle Dinge nur,
Du bist’s, der sie versöhnet.

Und Du, o Herr, bist uns zugut
In diese Welt gekommen,
Du hast freiwillig Fleisch und Blut
Für Sünder angenommen.
Zum Opfer brachtest Du Dich dar,
Zu retten, was verloren war,
Wardst Du ein Fluch hienieden.
O Liebe, die nichts Gleiches hat!
Du selbst trugst unsre Missetat,
Erwarbst uns Deinen Frieden.

Drum Ehre, Preis und Dank sei Dir,
O Jesu, unser Leben!
Preiswürdig bist Du für und für,
Wer kann Dich g’nug erheben!
Du bist der Quell, der ewig quillt,
Die Fülle, die das Herz nur stillt,
Du bist die Lebenssonne.
Bald wirst Du uns zu Dir erhöhn,
Dann wird Dich unser Auge sehn
Zu ew’ger Freud’ und Wonne.

(nach Johann Samuel Diterich 1721–1797 · Melodie von unbekanntem Komponisten)


Lied 95

Ich rühm’ Dich, Herr, allein!
Denn alles, was des Rühmens wert,
Sowohl im Himmel als auf Erd’,
Kann ja von Dir nur sein.
Du bist mein Schild im Streit,
Mein Ruhm, mein Schutz und meine Kraft.
Du bist’s, der alles in mir schafft.
Du bist mein Trost im Leid.

Es wohnt in mir Dein Geist.
Er leitet durch die Wüste mich,
Vertritt mich allzeit kräftiglich.
Ich bin hier nicht verwaist.
Nicht auszusprechen ist
Sein Seufzen für mich hier im Leid.
Doch Du verstehst es allezeit,
Du, der Du Liebe bist.

Und wenn es um mich stürmt,
So ist mein Schutz Dein Hirtenstab,
Du wendest alle Feinde ab,
Du bist’s, der stets mich schirmt.
Und sollt’ ich alles hier
Verlieren, guter Herr, für Dich,
Es wär’ ja kein Verlust für mich,
Ich hab’ genug an Dir.

Und Du bist stets mein Teil.
Von Dir trennt mich hier keine Not,
Nicht Trübsal, Angst, Verfolgung, Tod,
Du bist, Du bleibst mein Heil.
Du lässest nimmer mich.
Getrost bin ich im fremden Land,
Es reißt mich nichts aus Deiner Hand.
Ich traue, Herr, auf Dich.

(in Anlehnung an Matthias Jorissen 1739–1823 · Melodie von Johann Georg Bäßler 1806)


Lied 96

Still’, o Jesu, das Verlangen!
Alles seufzt und sehnet sich.
Glieder, die Dir treu anhangen,
Warten sehnsuchtsvoll auf Dich.
Eine Freude sie nur kennen,
Eine Hoffnung sie nur nennen:
Jesu, daß sie schauen Dich!

Fremd und ungekannt hienieden,
Finden nirgend Ruhe sie.
Bliebest Du, o Herr, geschieden,
Dann frohlockten nimmer sie.
In der Welt, wo Satan thronet,
Eitelkeit und Sünde wohnet,
Ruhen Deine Glieder nie.

Sieht man sich, man trennt sich wieder,
Und kein Auge sieht jetzt Dich.
In die Lob- und Dankeslieder
Mischt der Schmerz der Trennung sich.
Hier auf dieser armen Erde
Gibt’s nur Mühe, nur Beschwerde,
Nirgend zeigt die Heimat sich.

Doch Du kommst – welch frohe Kunde! –
Unser Auge wird Dich sehn.
Ja, Du kommst – o sel’ge Stunde,
Wo wir nie getrennt mehr stehn!
Wo der Heil’gen Harfenklänge,
Lob- und Preis und Dankgesänge
Ewig Deinen Ruhm erhöhn.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 97

Du, o Herr, bist unser Leben,
Unser Heil bist Du allein.
Dich und Deine Lieb’ erheben,
Kann nur Freude für uns sein.
Uns zu gut bist Du gestorben,
Hast uns ganz für Dich erworben.
Deine Liebe läßt uns nie.

Wieviel Schmerz hast Du erduldet,
Wieviel Tränen Du geweint!
Alles das, was wir verschuldet,
Lag auf Dir, o Herr, vereint.
Durch Dein Blut sind wir versöhnet,
Werden dort mit Dir gekrönet.
Deine Liebe endet nie.

Ja, Dein Lieben ohn’ Ermüden
Brachte unsern Seelen Ruh’,
Daß wir jetzt in Deinem Frieden
Wallen Deiner Wohnung zu.
Deine Freude ist, zu segnen,
Freundlich allen zu begegnen.
Deine Liebe ruhet nie.

Gehen wir durch Kampf und Leiden,
Deine Liebe hält uns fest.
Sehen wir hier alles scheiden,
Deine Lieb’ uns nie verläßt.
Auch die Trübsal wird verschwinden,
Jeder Kampf sein Ende finden.
Deine Liebe schwindet nie.

(Carl Brockhaus 1822–1899 · Melodie von Wilhelm Brockhaus 1819–1888)


Lied 98

Wo nichts ich seh’ als eine Wüste,
Ein ödes Land, wo Dürre wohnt,
Ein Meer von Sand, wo keine Küste,
Nicht Frucht noch Quell den Pilger lohnt,
Will Gott aus frischem Quell mich laben
Mit Lebenswasser, hell und klar.
Aus Fluten, die kein Ende haben,
Reicht Er mir stets Erquickung dar.

Gott selbst will mir den Weg bezeichnen,
Sein Licht umstrahlt die Schritte mir.
Er kann sich selber nicht verleugnen,
Ich geh’ mit Ihm – Er geht mit mir.
Sein reicher Segen fließt verborgen,
Und nimmer geh’ ich kärglich aus,
Er leitet mich zu ew’gem Morgen,
Er führt mich heim ins Vaterhaus.

Zu Kana’ns heißersehnter Wohnung
Führt Gottes Liebe meinen Fuß,
Dort zu der sicheren Belohnung,
Wo auf Entbehrung folgt Genuß,
Wo im Triumphgesang von allen,
Die einst getragen Christi Schmach,
In Zion heil’ge Lieder schallen,
Von Kummer fern und Weh und Ach.

Dort, in den Höfen voller Segen,
Wo aus der Fremd’ ich kehre ein,
Kommt mir kein fremder Gott entgegen,
Denn Er ist Gott und Vater mein.
Die Liebe, die mich dort begrüßet,
Die mich umgibt mit Herrlichkeit,
Hat mir die Wüste schon versüßet,
Hat mich erquickt in dieser Zeit.

(John Nelson Darby 1800–1882, deutsch nach Julius Anton von Poseck 1816–1896 · Melodie von Guillaume Franc 1543)


Lied 99

Was sichtbar, zeitlich ist auf Erden,
Verkündet laut Verwesung nur.
Drum sehnt sich alles, frei zu werden,
Und ängstlich harrt die Kreatur.
Wir seufzen mit, flehn voll Verlangen:
Komm, Herr, und mach uns völlig frei!
Schon haben wir den Geist empfangen,
Komm, mache unsern Leib auch neu.

O Jesu Du, Du hast das Leben
Und Unvergänglichkeit gebracht,
Wirst auch den Leib vom Staub erheben
Durch Deine Auferstehungsmacht.
Dann sind wir frei von dieser Hütte,
Dann werden wir Dein Antlitz sehn
Und werden – Du in unsrer Mitte –
Vor unserm Gott verherrlicht stehn.

Nur diese Hoffnung kann uns geben
Erquickung, Mut und süße Freud’,
Daß wir allzeit den Blick erheben
Zu Dir, dem Herrn der Herrlichkeit.
Und ob wir noch im Leibe wallen,
Sind wir im Geist doch nah’ bei Dir.
Du leitest uns mit Wohlgefallen,
In Deiner Liebe ruhen wir.

(Wilhelm Brockhaus 1819–1888 · Melodie von Wilhelm Brockhaus)


Lied 100

O welch ein Heiland, Herr, bist Du!
Der Sünder findet süße Ruh’,
Die niemand kann ergründen.
Ein Abgrund der Barmherzigkeit
Verschlingt ein Meer voll Herzeleid.
Du starbst für unsre Sünden.
Ja, Du, Jesu,
Hast Dein Leben hingegeben, um von Sünden
Uns auf ewig zu entbinden.

Holdsel’ger, treuer Friedefürst,
Wie hat Dich nach dem Heil gedürst’t,
Dem Heil verlorner Sünder!
Es floß Dein Blut am Kreuzesstamm,
Es floß für uns, o Gotteslamm,
Nun sind wir Gottes Kinder.
Freude! Freude!
Durch Dein Sterben sind wir Erben. Dort am Throne
Gibst Du uns die Siegeskrone.

Herr, unsere Gerechtigkeit,
Wie hoch wird dessen Geist erfreut,
Der Dich im Glauben kennet!
Du hast Dein großes Werk vollbracht,
Hast alle Furcht zunicht’ gemacht,
Von Gott uns nichts mehr trennet.
Laß uns ewig,
Himmelssonne, Seelenwonne, Dich genießen
Und in Deinem Lob zerfließen.

(nach Johann Ludwig Konrad Allendorf 1693–1773 · Melodie Straßburg 1538, Philipp Nicolai 1556–1608)

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