Interview mit Rolf-Edgar Gerlach

Rolf-Edgar Gerlach, 1961 in Lüdenscheid geboren, legte 1994 eine maßstabsetzende Monographie über Carl Brockhaus vor („Carl Brockhaus. Ein Leben für Gott und die Brüder“, Wuppertal/Zürich [R. Brockhaus]). In diesem Interview erläutert er einige Hintergründe seiner Forschungsarbeit. Einzelheiten zu seiner Person können Sie auch dem von ihm ausgefüllten bruederbewegung.de-Fragebogen entnehmen.


Frage: Was hat Sie an Carl Brockhaus so interessiert, dass Sie sich monate-, vielleicht sogar jahrelang intensiv mit ihm beschäftigt haben?

Gerlach: Anlass war das erste Staatsexamen meines Theologiestudiums. Ich hatte ausgesprochen wenig Lust, die hundertste Exegese des Johannes-Prologs oder die zweihundertste Ausgabe von „Luther und die Gerechtigkeit Gottes“ zu produzieren (und der Professor vermutlich ebenso wenig Lust, diese zu korrigieren). Die Anfänge der deutschen Brüderbewegung um Carl Brockhaus hingegen – und damit auch meine eigene gemeindliche Herkunft – waren sowohl in der Palette der Prüfungsthemen, in der kirchengeschichtlichen Literatur wie auch in meinem Kopf eher stiefmütterlich behandelt worden. So fing es an. Als ich ein wenig intensiver in der Materie drinsteckte, faszinierte mich dieser Mann immer mehr, und aus studentischer Notwendigkeit wurde persönliches Interesse.

Frage: Die Auseinandersetzung mit Carl Brockhaus war also sowohl Teil Ihres Studiums als auch privates Hobby?

Gerlach: Nachdem die Examensarbeit über Brockhaus beendet war, riet mir der Professor, die Arbeit zur Promotion auszuweiten. Da ich sowieso die Zeit zwischen Examen und Anstellung zu überbrücken hatten, folgte ich seinem Vorschlag. Als das Werk fast fertig war, erhielt ich meinen ersten Job, in den ich mich sofort mächtig vertiefte. Ich ließ die mündliche Prüfung sausen, überarbeitete einige Kapitel und bot das Buch dem R. Brockhaus Verlag an, der es herausbrachte. Unterm Strich war’s also beides: Abschlussarbeit und privates Hobby.

Frage: War es denn schwer, an der Hochschule einen Betreuer für dieses Außenstehenden vielleicht abgelegen erscheinende Thema zu finden?

Gerlach: Überhaupt nicht. Der Professor (Wilfried Eckey aus Wuppertal) war von meiner Idee sofort angetan und ermutigte mich in meinem Vorhaben. Vermutlich machte sich bei ihm tiefe Erleichterung breit, nicht zum hundertsten Mal ... (s.o.).

Frage: Pfarrer Eylenstein hat bereits 1927 in der Zeitschrift für Kirchengeschichte einen umfassenden Beitrag zur Lebensbeschreibung von Carl Brockhaus geliefert. An welchen Stellen kommt Ihre Forschung zu abweichenden oder ergänzenden Ergebnissen?

Gerlach: Ernst Eylenstein hat einen hervorragenden Aufsatz geschrieben. Dermaßen objektiv und gründlich ist in der Literatur über die Brüderbewegung selten gearbeitet worden. Im Großen und Ganzen konnte ich seine Ergebnisse nur bestätigen. Möglichkeiten zur ausführlicheren Darstellung einzelner Aspekte und zur Ergänzung ergaben sich allerdings en masse, da Eylensteins Platz aufgrund des redaktionellen Kontextes viel beschränkter war.

Frage: Auf welche Quellen stützen Sie Ihre Untersuchung?

Gerlach: Gesichtet wurde alles, was mir vor die Finger kam. Spannend war es dann jeweils herauszufinden, wer von wem vielleicht wo abgeschrieben hat und wo doch mal jemand etwas Eigenes, evtl. sogar der Wahrheit (noch) näher Kommendes zu bieten hat. Genaueres dazu findet sich im Anmerkungsapparat und im Literaturverzeichnis.

Frage: Wie kamen Sie an Ihre Quellen?

Gerlach: Es begann tatsächlich mit Eylenstein sowie mit Ischebecks Darby-Buch. Über diese Quellen tauchten weitere Hinweise zur Sekundärliteratur auf, die über Uni-Bibliotheken, Fernleihe, Besuch von Archiven usw. beschafft wurde. Eine Unzahl von Telefonaten half immer wieder weiter, wenn Spezielles (Manuskripte usw.) nicht aufzufinden war. Interessant und aufschlussreich war übrigens die Bereitschaft zur Hilfe bei den jeweiligen Ansprechpartnern. Arno Pagel z.B. lag gerade im Krankenhaus und setzte dennoch alles in Bewegung, um mir zu einer Handschrift zu verhelfen; Abraham Meister gab sich bei Besuchen dermaßen auskunftsfreudig, dass ich noch im Treppenhaus über zwei Etagen hinweg mit Informationen versorgt wurde und eigentlich Wochen gebraucht hätte, um all das aufzunehmen, was er an Anekdotischem, Biographischem usw. zu erzählen hatte (solche positiven Erfahrungen überwogen bei weitem und stellten ein erfreuliches Gegenstück zu verschlossenen Türen und Lippen dar, denen man hin und wieder auch begegnete). Auch bei diesen Gesprächen tauchten neue Quellen auf, die weitere Telefonate nach sich zogen, wodurch neue Kontakte und Informationen entstanden usw.

Frage: Ihre Biographie ist nach wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet im Gegensatz zu zahlreichen vorrangig „erbaulichen“ christlichen Lebensbeschreibungen, die hier und da Negatives unterschlagen oder Kritik vermeiden. Warum haben Sie sich für diese Vorgehensweise entschieden?

Gerlach: Der weniger erbauliche Stil liegt primär im konkreten damaligen Anlass meiner Beschäftigung mit Brockhaus begründet (s.o.). Es kommt jedoch ein nicht unbedeutender Grund hinzu: Wer sich ehrlich fragt, wo er gemeindlich herkommt und was die gemeindliche Struktur seiner Denomination ausmacht, warum er also in dieser Gemeindeform lebt und ihre Schwerpunkte für sein eigenes geistliches Leben übernommen hat, wer nachfragt, ob dies oder jenes nicht auch anders gesehen werden kann, oder wissen will, warum seine Gemeinde so und nicht anders über Abendmahl, Taufe, Mission usw. denkt, der schaut nicht nur im AT oder NT nach – das machen Christen anderer Richtungen auch –, der fragt sich, was seine Gründerväter bewegt hat, bestehende Gemeinschaften zu verlassen und eben das ins Leben zu rufen, in dem man selber Gemeinschaft gefunden hat. Und da nützt Erbauliches tatsächlich herzlich wenig. Da geht es um Tatsachen, um real Vorgefallenes, um Entwicklungen, Differenzen, Überlegungen, Entscheidungen, um nachvollziehbares Werden und Verändern unterschiedlicher Spielarten geistlicher Gemeinschaft. Mir persönlich hat gerade die nicht-erbauliche Beschäftigung mit den Gründertagen der Brüderbewegung geholfen, diese Bewegung differenzierter zu sehen und damit auch meine eigenen Einstellungen neu zu reflektieren.

Frage: Welche Eigenschaft, Tätigkeit oder Leistung bewundern Sie besonders an Carl Brockhaus?

Gerlach: Vor allem die Energie und Konsequenz, mit der er seine Erkenntnisse umsetzte. Er scheute keine Reisen, keine Diskussionen, keine finanziellen Risiken; er suchte Mitarbeiter, textete Lieder, schrieb Artikel, half bei der Bibelübersetzung und gab Zeitschriften heraus. Ratgeber, Ideenlieferanten, Kritiker usw. gibt es viele, Brockhaus jedoch ging in die Praxis und realisierte, und das auf allen erdenklichen Ebenen.

Frage: Welche Eigenschaft oder Handlung von Carl Brockhaus sehen Sie eher kritisch?

Gerlach: Vorweg: Ich ziehe alle Hüte vor diesem Mann, der sein Leben konsequent nach seinen Erkenntnissen (und dies in einer tief empfundenen Verantwortung vor Gott) gestaltet hat. Aus diesem Grund sympathisiere ich zutiefst mit ihm. Doch wenn Sie schon danach fragen: Für meinen persönlichen Geschmack hätte er die Einheit aller Gläubigen anderen Denominationen gegenüber noch deutlicher herausstellen und sich in seiner missionarischen Arbeit noch intensiver um die „Welt“ bemühen können. Ein vager Geschmack der Proselytenmacherei bleibt tatsächlich. Aber in der konkreten Situation damals, wo alles noch eingestielt, gefestigt, begründet und zusammengehalten werden musste, gingen ihm wohl Gedanken und Motivationen durch den Kopf, die uns heute 150 Jahre später nicht so ohne weiteres präsent sind. Ich maße mir da kein Urteil an. Was bleibt, ist ein tiefer Respekt vor einer geistlichen Führungsperson, die Gott in jener Zeit damals segenbringend gebrauchte. Brockhaus’ Engagement um biblische Wahrheiten ist beispielhaft und vorbildlich. In der geistlichen Landschaft unserer heutigen Zeit kann man sich davon durchaus etwas mehr als jene berühmte Scheibe abschneiden. Wie man dieses Engagement dann allerdings umsetzt, um Menschen für Gott zu begeistern, das ist nichts weniger als unsere Sache.

Frage: Eylenstein fasst zusammen, Brockhaus dürfe „nicht nur als der Führer, sondern auch als der Begründer des Darbysmus in Deutschland gelten“. Gründete Brockhaus wirklich die erste Brüdergemeinde in Deutschland oder gab es Vorläufer?

Gerlach: Die Vorläufer aus Süd- und Westdeutschland sind bekannt. Die ersten Brüdergemeinden im heutigen Verständnis jedoch entstanden primär durch die Arbeit Brockhaus’ und waren in ihrer Charakteristik auch schon relativ klar umrissen. Seine Führungsrolle in den unterschiedlichsten Bereichen (Ausformulierung theologischer Inhalte, Gewichtung theologischer Schwerpunkte, Gottesdienstpraxis, Zeitschriften- und Verlagsarbeit usw.) prägte die Gemeinden und vereinheitlichte sie in gewissem Sinne.

Frage: Sie schreiben, er habe den Christlichen Versammlungen „nur allzu nachhaltig seinen Stempel aufgedrückt“ (S. 157). Warum war Brockhaus’ Einfluss so groß?

Gerlach: Brockhaus war von seinem Wesen her ein integrativerer, toleranterer, weitherzigerer Mensch als Darby in England. Zudem zeigte sich zur Zeit Brockhaus’ innerhalb der Brüderbewegung keine zweite Person, die ähnlich dominant oder konsequent andere Positionen vertrat, wie dies in England im Umfeld Darbys der Fall war. Außerdem hatte Brockhaus die Möglichkeit, durch sein unermüdliches Schaffen (Reise- und Predigttätigkeit, schriftstellerische Arbeit) immer neu sein Ohr am „Volk“ zu haben, auf mögliche Schwierigkeiten schnell zu reagieren und die ihm wichtigen Inhalte ständig neu zu referieren. Zudem sorgte auch sein hochgradiges Engagement für die Sache der „Brüder“ dafür, dass er als unumstrittene Führungspersönlichkeit gesehen und akzeptiert wurde.

Frage: Blieb Deutschland deshalb lange Zeit von den Trennungen der Brüderbewegung in England/Irland verschont?

Gerlach: Ja. Hinzu kommt, dass Darby bei seinem Kampf um die Reinerhaltung der Lehre und die „Absonderung vom Bösen“ derart kompromisslos vorging, dass er die Bitte Jesu um die Einheit der Kinder Gottes in quasi unzulässiger Weise aus den Augen verlor. Demgegenüber behielt Brockhaus die Einheit aller Gläubigen doch etwas kräftiger im Blick (der – aus heutiger Sicht – durchaus etwas denominationsübergreifender hätte sein können).

Frage: Trifft es zu, dass in England/Irland die Ursprungsgruppen der Brüderbewegung sich zunächst als formlose, für Gäste offene „Zusatztreffen“ zu den verschiedenen Kirchen der Teilnehmer verstanden und sich erst allmählich verselbständigten und als Ersatz zu den kirchlichen Gottesdiensten angesehen wurden, während in Deutschland von Beginn an (seit der Trennung im Evangelischen Brüderverein) eine eigene, losgelöste Gruppe mit scharfen Konturen bestand?

Gerlach: Ja, das ist gut formuliert. Die Mitarbeit im Evangelischen Brüderverein und die dort stattfindenden Diskussionen hatten Brockhaus die Möglichkeit gegeben, über Fragen der „christlichen Versammlungen“ intensiv nachzudenken und sich ein klares Bild zu erstellen. Ansatzweise wurde dieses Bild auch schon zur Zeit seiner Brüdervereinsarbeit praktisch umgesetzt. Insofern waren die von ihm gegründeten Gemeinden tatsächlich recht scharf konturiert.

Frage: Gab es also eine gewisse Eigenständigkeit der deutschen Brüderbewegung? Was hatte die deutsche Brüderbewegung mit den englischen/irischen Anfängen gemeinsam, was war unterschiedlich?

Gerlach: Kennzeichnend für beide Bewegungen war der Wille zum „back to the roots“. Die Kennzeichen der Jerusalemer Urgemeinde sollten, losgelöst von allem kirchengeschichtlichen Ballast, wieder zum bestimmenden Merkmal von christlichen Versammlungen erhoben werden. Die unterschiedlichen Ausprägungen ergaben sich erst im Laufe der Jahre, hervorgerufen durch die Schwerpunktsetzungen von Brockhaus und Darby.

Frage: Wo übernahm Brockhaus denn persönlich Darbys Sichtweise, wo unterschied er sich von Darby (theologisch und menschlich)?

Gerlach: Gemeinsamkeiten liegen in der Ekklesiologie vor, unterschiedliche Sichtweisen gibt es im Abendmahls- und im Heiligungsverständnis sowie in der Tauffrage. Den Unterschied zwischen den Typen Brockhaus und Darby macht z.B. Eylenstein deutlich, wenn er erzählt, dass Brockhaus, genüsslich seine Pfeife rauchend, leicht ironisch darauf hinweist, dass sich Darby in Deutschland heimisch fühlen werde, auch wenn sich ihm zwischenzeitlich Tabaksrauch ins Gesicht drängen werde. An anderer Stelle berichtet Brockhaus von zwei englischen Schwestern, die so geistlich seien, dass man gut zwei Brüder daraus machen könne; solche seien gerade nicht nach seinem Geschmack. Diese Entspanntheit ging dem deutlich aggressiver und verbissener wirkenden Darby sicherlich ab.

Frage: Von wem wurde die deutsche Brüderbewegung denn insgesamt mehr geprägt, von Darby oder Brockhaus?

Gerlach: Natürlich erhielt Brockhaus wesentliche Anregungen von Darby, zunächst indirekt vermittelt über Dritte und über Literatur. Aber wie er diese Lehren in den Gemeinden verbreitete, wie er sie umsetzte und wie er die Gemeinden dann selbst prägte, das ist schon typisch Brockhaus; im wahrsten Sinne des Wortes darbystisch geprägte Gemeinden sahen anders aus, enger, intoleranter.

Frage: Wessen Einfluss ist heute noch bedeutsam(er)?

Gerlach: Ich bin seit vielen Jahren Mitglied einer Freien evangelischen Gemeinde und habe die letzten Entwicklungen der Brüdergemeinden nicht mehr im Blick. Was ich in meinem Umfeld wahrnehme, ist heterogen: Die einen Brüdergemeinden öffnen sich und betonen das Verbindende zwischen den Denominationen, die anderen kapseln sich (noch weiter) ab und führen ein in der Öffentlichkeit unbeachtetes und unbemerktes Eigenleben. Letzteres ist sicherlich für Darby typischer als für Brockhaus. Aber wie gesagt: Mir fehlen Ein- und Überblick, um Fundierteres sagen zu können.

Frage: Wie wurde Brockhaus eigentlich im Ausland wahrgenommen? Spielte er dort auch eine ähnlich bedeutsame Rolle oder kannte man ihn außerhalb von Deutschlands Grenzen kaum?

Gerlach: In den angrenzenden Nachbarstaaten wurde Brockhaus wohl kaum wahrgenommen. Lediglich Kontakte nach Holland und in die Schweiz sind belegt, und dort war er unter den Brüdern tatsächlich ein beliebter Gast. Besonders in Holland gab es große Gemeinden, die ihn gerne einluden. Außerhalb der „Brüder“-Kreise dürfte er jedoch so gut wie unbekannt gewesen sein.

Frage: Im Wuppertal etablierten sich im 19. Jahrhundert nahezu zeitgleich drei Freikirchen. Wissen Sie, ob Kontakte zwischen den prägenden Figuren der Richtungen bestanden?

Gerlach: Julius Köbner (Baptisten), Hermann Heinrich Grafe (Freie evangelische Gemeinde) und Brockhaus kannten sich persönlich aus der Zeit im Evangelischen Brüderverein und hatten dort zusammengearbeitet. Die Kontakte rissen nicht nur zwangsläufig ab, als man sich Anfang der 50er Jahre aufgrund theologischer Meinungsverschiedenheiten trennte, jeweils eigene Gemeinden gründete und damit den Terminkalender voll hatte; man mied sich wohl auch und schien sich zwischenmenschlich nicht allzu sehr zu vermissen. Aufschlussreich ist hier übrigens August Jungs Als die Väter noch Freunde waren.

Frage: Sie deuten an, heute erschöpfe sich Brockhaus’ Anliegen in Brüdergemeinden teilweise „in Formen, Regeln und Gewohnheiten“ (S. 30). Wo ist Ihrer Auffassung nach das „Gut der Väter“ zu „toten Traditionen“ geworden und warum?

Gerlach: Das „Gut der Väter“ wird – unabhängig von der konkreten Denomination – dann zu toten Traditionen, wenn nicht im Geist der Väter gehandelt wird, sondern nur noch mit ihrem Instrumentarium, wenn Gottesdienstformen, Lieder, Vokabular usw. quasi unverändert beibehalten werden. Brockhaus sah sich in der geistlichen Landschaft seiner Zeit um, entdeckte Mängel und behob sie nach seinen Vorstellungen. So entstand nicht nur die Gemeindeform „Christliche Versammlung“, sondern auch eine Zeitschrift, eine Bibelübersetzung, ein Liederbuch. „Modern“ war Brockhaus in diesem Sinn, weil er nicht auf Traditionen zurückgriff, sondern das, was seiner Meinung nach damals nötig war, frisch und aktuell selber schuf. Im Sinne Brockhaus’ handeln die Gemeinden heute dann, wenn sie diesen mit Schrifttreue gekoppelten Aktualitätsanspruch beibehalten, wenn sie sich durch die Art ihrer Glaubensvermittlung für Außenstehende attraktiv machen. Dass die Brüdergemeinden damals vielerorts genau diese Attraktivität besaßen, ist durch etliche Beispiele belegt.

Frage: Was würden Sie denn als Brockhaus’ positives Erbe für heute bezeichnen?

Gerlach: Brockhaus schrieb einmal: „Es gilt hier das ewige Heil der Menschen.“ Diese missionarische Ausrichtung war nicht der einzige, aber ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit; sie sollte es für die Brüdergemeinden weiterhin sein. Und da sind der Kreativität und dem Engagement keine Grenzen gesetzt (in Sachen Kreativität und Engagement ist Brockhaus vorbildlich). Wer dogmatische Spitzfindigkeiten nicht wichtiger nimmt als missionarischen Einsatz, wer Formen nicht über den Inhalt setzt und wer Wandlungsfähigkeit und Flexibilität als wichtiges Element zu einer attraktiven Glaubensvermittlung ansieht und gleichzeitig den unerschütterlichen Respekt vor dem Wort Gottes behält, der hat, so glaube ich, Brockhaus positiv beerbt. Aber damit ist Brockhaus nur einer von zahllosen Christen, die Gleiches wollten. Bei aller guten Betonung einer eigenen Charakteristik: Es geht nicht darum, Menschen zu Baptisten oder Lutheranern oder „Brüdern“ zu machen, sondern sie zu Christus zu bringen.


Die Fragen stellte Ulrich Müller. Das Interview wurde im Juni 2004 geführt.
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