Der bruederbewegung.de-Fragebogen
Ausgefüllt von Joachim Orth am 5. Dezember 2003

Joachim Orth wurde 1951 geboren und wuchs in einer Versammlung der „geschlossenen Brüder“ auf. Nach dem Lehramtsstudium in Siegen, das er mit einer Examensarbeit über die Lehren der „Christlichen Versammlung“ im Vergleich mit dem Neuen Testament abschloss (hier als Download), war er als Grund- und Hauptschullehrer, als Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Judenburg (Österreich) sowie als Behindertenbetreuer tätig. Zur Zeit arbeitet er als Seniorenbetreuer der Caritas in einem Senioren- und Pflegeheim in Wien.


1. Wer hat Sie als geistliches Vorbild in Ihrem Glauben besonders geprägt?

Evangelist Hanns Winterhoff, General von Viebahn, Waisenvater Georg Müller, Hudson Taylor und vor allem Billy Graham.


2. Welchem Buch verdanken Sie entscheidende Anstöße und Einsichten?

Wilhelm Busch: Jesus, unser Schicksal.


3. Gab es in Ihrem Leben eine Situation, die Sie als besondere „Erfahrung mit Gott“ erlebt haben? Wenn ja, welche?

Die Berufung in den Missionsdienst während einer Predigt von Ernst Schrupp und das erstmalige Erleben der Aufführung der 9. Sinfonie von Beethoven in Dillenburg.


4. Haben Sie eine Lieblingsfigur in der Bibel?

Evangelist Johannes. Er war ein enger Freund von Jesus („lag an Jesu Brust“) und schrieb in hohem Alter das Johannesevangelium, das am schönsten die liebevolle Haltung Jesu zu seinen Jüngern beschreibt.


5. Welcher biblischen Person würden Sie gerne einmal eine Frage stellen? Welche?

Noah: „Wie hast du es geschafft, bei dem hohen Seegang während der Flut in der Arche die Elefanten, Ziegen, Giraffen und vor allem deine Frau zu beruhigen?“


6. Gibt es einen Lieblingsbibelvers, der Sie schon länger „begleitet“?

„Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Römer 8,38f.).


7. Wie schaffen Sie es, im Alltag Gott zu begegnen und geistlich aufzutanken?

Ich mache mir bewusst, dass Jesus höchstpersönlich in mir ist und mich von allen Seiten umgibt. Das Gebet „Jesus, du bist Sieger!“ hilft mir sehr.


8. Welche Bibelübersetzung nutzen Sie in der Regel und warum?

a) Die revidierte Lutherbibel zum Auswendiglernen der fett gedruckten Verse.
b) Die revidierte Elberfelder Übersetzung wegen der Genauigkeit der Wiedergabe des Grundtextes.
c)
Die „Gute Nachricht Übersetzung“ für Gespräche mit Nichtchristen.


9. Was halten Sie für die charakteristische Stärke bzw. Schwäche der Brüderbewegung? Anders gefragt: Welche Impulse/Anstöße gingen oder gehen von der Brüderbewegung aus? Welche Impulse/Anstöße würden ihr vielleicht gut tun?

Stärke: Die Liebe zum Wort Gottes und die gelebte Liebe untereinander in einer sehr familiären Atmosphäre, so wie ich es selbst erleben konnte.

Schwäche: Durch die Betonung, dass die Kinder Gottes, die „nicht mit uns den Weg der Absonderung gehen“, nicht am Mahl des Herrn teilnehmen können, entsteht eine ängstliche und innerlich gehemmte Einstellung gegenüber allen wiedergeborenen Christen, die außerhalb der „geschlossenen Brüder“ stehen, die aber – weltweit gesehen – mehr als 99 % aller wiedergeborenen Gläubigen ausmachen. Mit diesen 99 % aller wiedergeborenen Christen, in denen Jesus lebt, werden eines Tages in der Ewigkeit jedoch auch die „Geschlossenen“ liebevolle Gemeinschaft pflegen müssen. Da sollten diese inneren Schranken der Angst voreinander dann doch am besten schon vorher abgebaut werden!

Es ist eine Schwäche, dass Begegnungen von „geschlossenen Brüdern“ mit Gläubigen außerhalb der „Versammlung“ seitens der „führenden Brüder“ der „Versammlung“ nicht gefördert, sondern eher verhindert werden. Ist das ein Beitrag für die zukünftige fröhliche gemeinsame Festfeier mit allen Heiligen in der Ewigkeit?


10. Was verbindet Sie persönlich mit der Brüderbewegung?

Mich verbindet mit allen Geschwistern der Brüderbewegung die Tatsache, dass wir gemeinsam Kinder Gottes sind, denen unser gemeinsamer Herr Jesus Christus am Kreuz unsere Sünden vergeben hat, dessen Wiederkunft wir erwarten. Mich verbindet mit ihnen die Tatsache, dass wir gemeinsam zum Leib Christi gehören.


11. Gibt es Themen oder Aspekte, die Ihrer Meinung nach in Kreisen der Brüderbewegung weniger (vielleicht zu wenig) beachtet werden? Welche stehen besonders im Vordergrund (oder werden sogar überbetont)?

Es wird zu wenig betont und vorgelebt, wie folgende Verse zu praktizieren sind:


12. Welche Chancen und Gefahren sehen Sie in Zukunft auf die Brüderbewegung zukommen?

Gefahr: Wenn man die Lehre von der Absonderung bzw. Trennung von allem Bösen konsequent ehrlich praktiziert, kann eigentlich bloß noch jeder allein mit sich selber am Brotbrechen teilnehmen und zuletzt auch das nicht mehr, wegen des geistlichen Hochmuts in mir.

Chance: Wenn man die darbystische Interpretation aller Bibelverse zur Seite legen, d.h. die „exklusive Brille“ ablegen könnte und sich fragen würde, wie Jesus und die Apostel die Worte der Bibel im ursprünglichen Sinne gemeint haben (denn damals gab es noch keine exklusiven und konfessionellen Sonderlehren), würde man eine ganz neue Bibel entdecken. Das wäre eine Bekehrung zum Ursprung dessen, was Gott will!


13. Sonstige Kommentare und Bemerkungen:

Eine gute Wegweisung sind für mich die Worte des Generals von Viebahn: „[...] ebenso fest halte ich daran, daß wir uns nicht von anderen treu wandelnden Kindern Gottes fernhalten dürfen, sondern nach Verwirklichung der Einheit trachten sollen hier auf Erden. Das Wort warnt vor Zerschneidung (Phil. 3, 2). Die Einheit des Volkes Gottes soll erblickt werden von Kindern der Welt. Dies ist der Wille unseres teuren Herrn, (Joh. 17,11 und 21–23) [...] ich [erkenne] es als eine vom Herrn mir gegebene Lebensaufgabe [...], die Herzen der Geschwister der Versammlung weit zu machen gegen die anderen Kinder Gottes. [...] Wenn die Geschwister, die auf dem Boden der Versammlung stehen, Herz und Arme öffnen für alle Kinder Gottes, die auf dem Boden der ganzen Bibel stehen, so wird die Versammlung selbst von ihrer schweren Krankheit genesen, und Ströme von Segen werden sich ergießen“ (aus Viebahns Brief an Rudolf Brockhaus vom 14. Dezember 1905; der vollständige Text findet sich in unserem Download-Bereich).

Außerdem: „Wenn ich Prophetengabe habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß und wenn ich allen Glauben habe, sodass ich Berge versetze, aber keine Liebe (agape) habe, so bin ich nichts“ (1. Korinther 13,2).

Die Aufnahmebedingungen zum Tisch des Herrn, wie sie in der Versammlung aufgestellt werden, und auch die Lehre J.N. Darbys von der Absonderung von allem Bösen stehen eindeutig im Gegensatz zur Lebenshaltung der agape, dem Hauptkennzeichen eines Christen. Denn die agape ist bedingungslose Liebe.


Veröffentlichungen von Joachim Orth:

Die Frage der Einheit der Christen. Vergleich zwischen entscheidenden Lehren der „Christlichen Versammlung“ und ausgewählten neutestamentlichen Texten. Schriftliche Hausarbeit zur ersten Staatsprüfung für das Lehramt an der Grund- und Hauptschule im Fach Evangelische Theologie. Gesamthochschule Siegen 1973 (hier als Download).

5 Fragen in Bezug auf die Hauptursache unseres Niedergangs. 1973 (12-seitiges Rundschreiben, an 96 Adressaten der „geschlossenen Brüder“ in der BRD versandt; hier als Download).

„Die Entstehung der Brüderbewegung“. In: Die Botschaft 118 (1977), S. 255–260 (diesen Artikel können Sie hier online lesen).

„John Nelson Darby: Seine Sonderlehren und ihre Folgen“. In: Die Botschaft 118 (1977), S. 278–282 (diesen Artikel können Sie hier online lesen).

„Zur Entstehung der Brüderbewegung“. In: Die Gemeinde [33] (1978), Heft 29, S. 7; Heft 30, S. 7; Heft 31, S. 7.

„Brüdergemeinden in Österreich. Geschichte, Entwicklung und Aufgaben in einem katholischen Land“. In: Die Botschaft 122 (1981), Heft 4, S. 14f.

Wenn Nebel aufsteigt ... (CD mit 10 eigenen Liedern, 1996). KIR-Music, Neuwiesenstr. 8, CH-8612 Uster.

Und was ER zusagt, das hält ER gewiss (CD: Ulrich Kraus liest ausgewählte Bibeltexte, dazu Klavierkompositionen von Joachim Orth). One-Way-Medien / Hänssler 2002.

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